Das ist laaaangweilig! Ich muss was tun!! Bloß nicht stillsitzen, muss rumrennen, mich beschäftigen, irgendwas muss hier doch los sein?!
Wirklich? Ist das so? Warum eigentlich?
Langeweile ist doch im wahrsten Sinne des Wortes eine „Weile der Zeit“. Ein Verweilen in Zeit. Ein Verweilen in meiner Zeit – ohne Zeitdruck.
Etwas, dass sich unseren hektischen Zeiten so viel mehr Menschen wünschen:
Langeweile. Um sich herunterfahren zu können. Eine Zeit, sich über sich selbst Gedanken zu machen. Eine Auszeit vom hektischen Alltag. Eine Ruhezeit für sich selbst. Den Kopf zu ordnen, die Muße zu haben, ganz viele angefangene Gedankengänge einmal zu Ende zu führen. Sich zu entspannen. Was aber nur geht, wenn der Kopf frei ist…
Langeweile heißt mitnichten, dass man „nichts“ tut.
Langeweile ist genaugenommen, aus meiner Sicht, etwas hoch produktives: Man kommt zu sich.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es unseren Hunden genauso geht. Und wir Menschen vielen Hunden viel mehr Langeweile zugestehen müssten. Und wir sie Langeweile lehren sollten. Denn wer von Anfang an nie mit sich alleine sein darf, weil immer Action ansteht oder anstehen muss, der lernt keine „Muße“, sondern einfach nur immerwährende Erwartungshaltungen.
Und das schließt sich aus: Erwartungen und Langeweile können nicht auf einer Ebene miteinander korrespondieren. Im Besten Fall schließen sie sich aus, im ungünstigsten Fall konkurrieren sie miteinander.
Ein langweiliger Hund kann ganz viele langweilige Dinge.
Und die kann er selbstverständlich. Er kann im Cafe einfach neben uns dösen, er kann problemlos allein Zuhause bleiben, er hält es aus, mal eine längere Zeit einfach „nichts“ als das Minimum zu machen, wenn der Mensch über gewisse Dauer wegen Krankheit, beruflicher Umstände oder familiärer Veränderungen nicht so wie gewohnt zur Verfügung steht. Oder der Hund selbst nicht so machen darf, wie er es gewohnt ist. Zum Beispiel, weil er nach gewissen OP’s zwangsweise zur Ruhe verdonnert ist.
Langeweile wertzuschätzen, ist meiner Ansicht nach eines der wichtigsten Dinge, die nicht nur Menschen, sondern auch all unsere Hunde gelernt haben sollten.
Einfach mal nichts tun. Mit sich selbst sein. Keine Erwartungshaltungen haben. Nur Muße. Sonst nichts.
© Judith Borck – Hundeschule Bremen – Training für Mensch und Tier
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