„Wissen Sie eigentlich, was alles in ihrem Hund steckt? Wofür er in seinem Ursprungsland eingesetzt wird? Und falls nein, warum nicht?“

Ein paar Fragen, die zugegebenermaßen provokativ gestellt, aber keineswegs sinnlos sind.

Wenn man, wie ich,  über 10 Jahre lang im Hundetraining zu 90% mit Auslandshunden zu tun hatte, wiederholen sich bestimmte Themen regelmäßig. An erster Stelle die Unkenntnis der Hundehalter über die Tiere, die sie adoptiert haben.

Wer aus dem Ausland einen Hund zu sich nimmt, sollte sich bitte nicht nur von Mitleid leiten lassen. Denn Auslandshunde sind mitnichten allein das Ergebnis ihrer Vorerfahrungen, sie haben auch ihre typischen Gebrauchseigenschaften mit im Gepäck, wenn sie nach Deutschland ausreisen.

Geht es um Probleme, die solche Tiere nach ihrer Vermittlung in ihrem neuen Heim entwickeln, sprechen wir, meiner Erfahrung nach, ganz häufig darüber, dass die Menschen sich recht wenig mit den ursprünglichen Verwendungszwecken und Charaktereigenschaften der Hunde beschäftig haben, aus deren Land ihr Vierbeiner stammt. Das gilt für Mischlinge übrigens ebenso.

Ein klassisches Beispiel ist aus meiner Sicht der rumänische Tierschutzhund.

Nun gibt es in Rumänien selbst genaugenommen fast keine wirklichen Hunderassen in dem Sinne, wie wir sie hier verstehen. Nach meiner Recherche sind es lediglich 2, die auch erst vor kurzem vom FCI anerkannt wurden (der Mioritische Schäferhund und der Karparten-Schäferhund – beides Hirten- und Herdenschutzhunde).

(Stand: 2017)

Was es in Rumänien aber durchaus gibt, sind Hundeschläge.

Als Schlag wird ein Hundetypus bezeichnet, der in der Regel aus einer bestimmten Region stammt und zu bestimmten Verwendungszwecken gehalten wird. Der gravierende Unterschied zu unseren (Zucht-) Rassen besteht darin, dass diese Hunde kein gleiches oder einigermaßen annährend gleiches Erscheinungsbild haben müssen. Was sie aber immer können müssen, ist, ihrem Verwendungszweck entsprechend zu arbeiten, den dortigen Witterungsverhältnissen angepasst und leichtfuttrig zu sein.

Nun, und weit verbreitete Schläge in Rumänien sind nun einmal die Hirtenhunde…

Es hat sicherlich auch seinen Grund, warum genau die beiden o.g. aus den Schlägen herausgezüchteten und anerkannten Hunderassen Rumäniens bei der FCI (traraaa und tusch!!!) Hirtenhunde sind!

Wenn man sich nun einfach mal mit den beiden von mir erwähnten Hunderassen und ihren Eigenschaften beschäftigt, findet man allerorts den Hindweis, dass sie als Familienhunde nur bedingt geeignet sind, da sie „als Herdenschutzhunde mutig und effizient bei der Abwehr von Raubtieren wie Bären, Wölfen oder Luchsen sind, Fremden aber gegenüber misstrauisch. Sie sind gute Wachunde, die nachts selbständig Haus und Hof bewachen.“ (vgl. Wikipedia zu den o.g.Rassen).

Nun wundert es Hundetrainer eher wenig, verzweifelte Hundehalter aber umso mehr, wenn sich der geliebte Vierbeiner mit rumänischen Wurzeln entsprechend seiner Veranlagung entwickelt:

Besuch muss irgendwann draußen bleiben, auch die gängige Spaziergehroute betrachtet der Hund als sein Territorium und ist überdies not amused über alle Artgenossen und fremden Menschen, die sich ständig ungefragt in seinem Revier aufhalten wollen.

Jetzt mag man zu recht darauf hinweisen, dass es in Rumänien nicht nur Herdenschutzhundschläge gibt. In den Städten wird man diese auch nicht halten. Dafür aber Hunde, die Hab und Gut ihrer Besitzer bewachen und schützen sollen. Das sind durchaus auch die sog. „Kettenhunde“. Den Veranlagungen entsprechend heißt das auch für diese adoptierten Vierbeiner: Besuch muss irgendwann draußen bleiben, der Hund ist not amused über Artgenossen und fremde Menschen, die sich ständig ungefragt… Na, Sie wissen schon!

Jetzt sollen meine Ausführungen nicht andeuten, man könne solche Hunde nicht erziehen. Das kann man sehr wohl – denn auch der rumänische Hirte wird gelegentlich Besuch empfangen wollen und auch der Stadtbewohner mit seinem Wachhund wird darauf nicht verzichten.

Erziehung hat, dass wissen die meisten Rassehundhalter, immer auch mit den typischen Eigenschaften zu tun. Mit fördern und begrenzen dessen, was man für sich und seinen Hund im Alltag benötigt:

Bei einem deutschen oder belgischen Schäferhund geht man davon aus, dass er Wachqualitäten hat. Man begrenzt sie gegebenfalls frühzeitig, wenn sie über ein gewisses Maß hinausgehen. Wollte man diese Qualitäten nicht, gäbe es genügend andere Rassen, für die man sich entscheiden könnte. Auch bei einem Deutsch Drahthaar wundert einen der Jagdtrieb wenig, er wird erwartet. Ebenso bei der ganzen Terrierfraktion. Der informierte Hundehalter geht davon aus, dass er in bestimmten Bereichen mit seinem Hund dieser oder jener Rasse Arbeit und Zeit in Erziehung und Ausbildung investieren muss.

Hundehalter, die ihre Tiere aus Südeuropa adoptiert haben, was in vielen Fällen Podencos, Galgos oder Mixe mit diesen sind, wissen in der Regel sehr genau, was sie sich da ins Haus holen. Dies wird von den entsprechenden Tierschutzorganisationen meines Empfindens im großen und ganzen nach auch außen auch sehr klar und deutlich kommuniziert.

Ich vermute aber, dass dies durchaus damit zu hat, weil man genau über diese „typischen Rasseeigenschaften“ sprechen kann. Dies fehlt für die rumänischen Hunde schlicht aus dem Grunde, weil man eben nicht – aus unserem westeuropäischen geprägten Verständnis – über echte „Rassen“ spricht!

Für die rumänischen Hunde mangelt es, meiner Meinung nach, an dieser Stelle zum Teil gravierend an Sachkenntnis. Leider oft von allen Seiten. Was nicht nur für die Hunde ungünstig ist, sondern auch ihre Halter vor Probleme stellt, mit denen sie sich nicht gerechnet haben. Ein Herdenschutzhund ist nun mal in der Summe seiner Eigenschaften und Erfahrungen trotzdem eins: Ein Herdenschutzhund. Genauso wie der Wachhund trotzdem ein Wachhund bleibt.

Ausnahmen mögen die Regel bestätigen, ändern aber nichts an den Tatsachen.

Ich würde mir für die rumänischen Hunde viel, viel mehr Aufklärungsarbeit der Tierschutzorganisationen wünschen. Denn ein „geretteter“ Hund, der als Wanderpokal sein Leben schlussendlich doch in einem deutschen Tierheim verbringen muss, ist keine Option – sondern einfach nur traurig.